TeleCare-Projekt der Universität Tübingen: Digitale Visiten zwischen Arzt und Pflege

Das TeleCare-Projekt der Universität Tübingen hatte das Ziel, die medizinische Versorgung und Patientensicherheit von zuhause gepflegten Menschen – insbesondere älteren, mobiltätseingeschränkten und chronisch kranken Menschen – zu verbessern. Es wurde vom April 2022 bis November 2024 durchgeführt und gilt inzwischen als abgeschlossen.

Das Pflegetem Östlicher Schurwald war in dieser Zeit als Projektpartner dabei und bildete zusammen mit der Hausarzpraxis Dr. Schalhorn ein sogenanntes Projekttandem.

Im Mittelpunkt stand die Idee, Pflegekräfte und Hausärzte per Videokonferenz direkt miteinander zu verbinden, um gemeinsam mit Patientinnen und deren Angehörigen in Echtzeit über Behandlungen und Therapieoptionen zu entscheiden. Diese digitalen Visiten sollten vergleichbar mit Krankenhausvisiten sein und eine bessere, lückenlose Betreuung ermöglichen. Besonders in ländlichen Regionen oder für mobilitätseingeschränkte Patientinnen sollte die Technologie einen Mehrwert schaffen.


Ziele des Projektes

Das Hauptziel von TeleCare war es, durch eine bessere digitale Vernetzung von Pflegepersonal und Hausarztpraxen Versorgungslücken zu schließen, unnötige Doppeluntersuchungen zu vermeiden und Krankenhausaufenthalte zu reduzieren. Eine verbesserte Kommunikation zwischen den beteiligten Berufsgruppen sollte die Arbeitszufriedenheit von Pflegekräften und Ärzt*innen erhöhen und die Qualität der Versorgung verbessern.


Beteiligte Partner

Das Projekt wurde federführend von der Abteilung Pflegewissenschaft des Universitätsklinikums Tübingen unter Leitung von Prof. Dr. Cornelia Mahler und der Projektkoordinatorin Theresa Zürn, M.A., durchgeführt.

Zudem beteiligten sich zahlreiche Praxispartner, darunter:

  • Ambulante Pflegedienste wie die Sozialstation Esslingen, die Sozialstation Tübingen und das Pflegeteam Östlicher Schurwald in Rechberghausen
  • Hausärztliche Praxen in Tübingen und Esslingen, u. a. die Gemeinschaftspraxis Dr. Böhm & Kollegen in Esslingen, die Praxis Dr. Claßen in Tübingen sowie die Praxis Dr. Schalhorn als Tandempartner des Pflegeteams Östlicher Schurwald

Im Laufe des Projekts fanden regelmäßige Evaluationsgespräche zwischen den Projektpartnern statt. Hier wurden Herausforderungen, Erkenntnisse und Optimierungspotenziale diskutiert. Zudem wurden Probeläufe zwischen Tandempartnern durchgeführt, um die praktische Umsetzung zu testen.


Anwendungsmöglichkeiten

Die digitale Visite ermöglicht eine Videoschaltung zwischen Hausarztpraxis, Pflegekraft, Patient*in und ggf. Angehörigen. So konnten medizinische Entscheidungen direkt besprochen und Versorgungsmaßnahmen abgestimmt werden, ohne dass der Hausarzt oder die Hausärztin zwingend vor Ort sein musste.

Gerade für Patient*innen in ländlichen Gebieten ist dies ein Vorteil, da Anfahrtswege reduziert werden können und schnelle ärztliche Einschätzungen ohne Zeitverlust möglich sind. Auch für Pflegedienste bedeutet dies eine effizientere Abstimmung mit den behandelnden Hausärzt*innen.


Finanzierung

Das TeleCare-Projekt wurde durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg finanziert. Es lief im Rahmen des Landesförderprogramms „Digitalisierung in Medizin und Pflege“, das darauf abzielt, digitale Innovationen in der Gesundheitsversorgung zu erproben und gegebenenfalls in die Regelversorgung zu überführen.


Schwierigkeiten bei der Umsetzung

Trotz der vielversprechenden Ansätze offenbarte die Praxisphase des Projekts einige organisatorische und technische Hürden:

Organisatorische Herausforderungen

  • Die zeitliche Abstimmung zwischen Pflegekräften, Hausärztinnen und Patientinnen erwies sich als problematisch. Ärztliche Termine mussten häufig langfristig geplant werden, während Pflegedienste mit kurzfristigen oder akuten Versorgungsbedarfen konfrontiert sind.
  • In vielen Fällen fehlte ein klarer Mehrwert für eine digitale Visite, da viele gesundheitliche Probleme z.B. weiterhin eine physische Untersuchung erfordern.
  • Die Koordination zwischen den vielen beteiligten Akteuren (Pflege, Arztpraxis, Angehörige) ist komplex und erfordert mehr Abstimmung als zunächst angenommen.

Technische Herausforderungen

  • Technisch zeigte sich zudem, dass die Infrastruktur in manchen Einrichtungen sowie in ländlichen Gebieten nicht immer ausreichend stabil oder verfügbar ist. Mangelnde Internetverbindungen, schwache Netzabdeckung, aber auch technisches Unverständnis bei älteren Patienten oder Angehörigen führten zu Einschränkungen in der Durchführung der digitalen Visiten.

Fazit und Ausblick

Insgesamt bietet TeleCare als digitales Versorgungsmodell zwar große Chancen für eine effizientere und besser abgestimmte Patientenversorgung.

Jedoch zeigen erste Erfahrungen, dass sowohl technische als auch organisatorische Herausforderungen bestehen, die vor einer breiten Einführung in den Pflege- und Praxisalltag noch gemeistert werden müssen.
Es wird spannend sein, die Evaluationsergebnisse des Projekts zu verfolgen und zu sehen, ob und in welcher Form dieses vielversprechende Konzept zukünftig dauerhaft Einzug in die Versorgungspraxis findet.

Die Erkenntnisse aus diesem Projekt werden jedoch wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung telemedizinischer Angebote in der ambulanten Versorgung liefern.